Predigt für Sonntag, den 5. April 2020

Liebe Gemeinde,

am Palmsonntag, den wir heute feiern, erinnern wir uns daran, dass die Menschen Palmzweige vor Jesus ausbreiteten, als er, auf einem Esel reitend, in Jerusalem einzog. Sie ehrten ihn damit wie einen König.

In der heutigen Predigtgeschichte, zu lesen bei Markus 14, 1-9, verehrt eine Frau Jesus auf eine ganz andere Art und Weise. Sie zerbricht ein wertvolles Alabastergefäß und gießt reines, kostbares Nardenöl auf sein Haupt. Sie tut es einfach, vielleicht ohne selbst zu ahnen, wie schön und wohltuend dies für Jesus ist. Zur rechten Zeit hat sie genau das Richtige getan. Sie bringt ihre Liebe, ihr Vertrauen und ihre Wert-schätzung für Jesus zum Ausdruck. Das tut ihm gut, gerade in diesem Augenblick, in dem der schwerste Weg seines Lebens beginnt: Leid – Verrat – Verhaftung – von allen verlassen zu werden – Spott – Folter – Tod. Ihre Liebe, ihre Berührung, während sie ihn salbt, gibt ihm Kraft für das, was ihm bevorsteht.

Ich stelle mir vor, dass die „letzte Ölung“, ein Sakrament der katholischen Kirche, wohl in dieser Geschichte seinen Ursprung hat. Das Salben mit Öl ist ein Zeichen  

…. der Liebe, auch der Liebe Gottes, die uns ein Leben lang begleitet

…. der Wertschätzung für das gelebte Leben

…. des Erkennens, was dieser Mensch mir bedeutet hat

…. für Gottes Segen, der mich durch den Tod zum Leben führt   

So kann ein Mensch wohl in Frieden und gestärkt auch seinen letzten Weg gehen.

„Seht, welch ein Mensch!“, dies verkündet die Frau mit ihrer verschwenderischen, tief berührenden Geste. Jesus ist so rein wie dieses reine Nardenöl. Seine Liebe zu den Menschen ist ohne Falsch, ohne Ansehen der Person. Jesus ist es wert, dass man dieses kostbare Öl für ihn „verschwendet“ und hingibt, weil er selbst sein Leben für andere hingeben wird und hingegeben hat.

Nun wird erzählt, dass einige Leute dabeistanden, die das Geschehen beobachteten und das Verhalten der Frau scharf kritisierten: „Was soll diese Verschwendung des Öls? Man hätte es für mehr als 300 Silber-groschen verkaufen und das Geld den Armen geben können!“  Sie hatten nicht begriffen, was sich in diesem Augenblick ereignete.

Es lässt sich eben nicht alles berechnen und manchmal darf man nicht auf den Preis schauen. Wir erleben es jetzt, wieviel wir bereit sind, für unsere Gesundheit zu geben und zu tun, und dass wir uns besonders um die Älteren und um Menschen, die gefährdet sind, Sorgen machen und sie schützen wollen. Vielleicht erkennen Sie, dass diese Tage und Wochen die richtige Zeit sind, um anderen unsere Liebe und Wertschätzung zu zeigen, nicht mit Umarmungen und Berührungen, aber z.B. durch Worte, Blicke oder Gesten.

Ich bin einem Vater begegnet, der mit seinem Sohn spazieren ging, um die Langeweile zu vertreiben und etwas anderes zu tun als am Handy zu spielen oder vor dem Fernseher zu sitzen.

So groß die Spanne ist, die zwischen dem Streuen von Palmblättern und dem Ausgießen des kostbaren Öls liegt, so groß ist auch die Spannbreite unserer Möglichkeiten, einander unsere Liebe zu zeigen, dass wir aneinander denken und erkennen, was der andere braucht.

Möge Gott uns geben, im rechten Augenblick das Richtige zu tun. Wir wissen ja, unsere Zeit ist begrenzt und in dieser weltweiten Krise leiden sehr viele und fürchten um ihre Existenz, ihr Leben, ihre Zukunft. Doch wir haben einander und können uns gegenseitig stärken. Gott zeigt uns seine Liebe und Treue darin, dass er seinen Sohn für uns hingegen hat. Wie sollte er uns mit ihm nicht alles schenken?                                                           

Amen

Ein schönes Lied können wir miteinander singen und beten (EG 403, 1-4)

1.            Schönster Herr Jesu, Herrscher aller Herren, Gottes und Marien Sohn, dich will ich lieben, dich will ich ehren, meiner Seele Freud und Kron.

2.            Schön sind die Wälder, schöner sind die Felder in der schönen Frühlingszeit; Jesus ist schöner, Jesus ist reiner, der mein traurig Herz erfreut.

3.            Schön ist der Monde, schöner ist die Sonne, schön sind auch die Sterne all. Jesus ist feiner, Jesus ist reiner als die Engel allzumal.

4.            Schön sind die Blumen, schöner sind die Menschen in der frischen Jugendzeit; sie müssen sterben, müssen verderben: Jesus bleibt in Ewigkeit.

Mitteilung zur Kollekte:  Aus unserer Gemeinde kam die Anregung, auch in dieser Zeit Kollekten zu sammeln. Das wäre gut, denn die Projekte, für die das Geld bestimmt ist, sind darauf angewiesen. Wer eine Kollekte geben möchte, kann sie in einen Umschlag legen mit der Aufschrift „Kollekte für den 5. April“ und in unseren Briefkasten beim Gemeindebüro werfen. Herzlichen Dank!  Die heutige Kollekte ist je zur Hälfte bestimmt für diakonische Jugendhilfe und die Jugendarbeit in unserer Gemeinde.

                                                                         Ihre Pfarrerin Ellen Wehrenbrecht