Predigt am 28. März

Das Lied vom unfruchtbaren Weinberg   ( Jesaja 5, 1-7)

Wohlan, ich will von meinem lieben Freunde singen, ein Lied von meinem Freund und seinem Weinberg. Mein Freund hatte einen Weinberg auf einer fetten Höhe. Und er grub ihn um und entsteinte ihn und pflanzte darin edle Reben. Er baute auch einen Turm darin und grub eine Kelter und wartete darauf, dass er gute Trauben brächte; aber brachte schlechte.

Nun richtet, ihr Bürger zu Jerusalem und ihr Männer Judas, zwischen mir und meinem Weinberg! Was sollte man noch mehr tun an meinem Weinberg, das ich nicht getan habe an ihm? Warum hat er denn schlechte Trauben gebracht, während ich darauf wartete, dass er gute brächte? Wohlan, ich will euch zeigen, was ich mit meinem Weinberg tun will! Sein Zaun soll weggenommen werden, dass er kahl gefressen werde, und seine Mauer soll eingerissen werden, dass er zertreten werde. Ich will ihn wüst liegen lassen, dass er nicht beschnitten noch gehackt werde, sondern Disteln und Dornen darauf wachsen, und will den Wolken gebieten, dass sie nicht darauf regnen.

Des Herrn Zebaoth Weinberg aber ist das Haus Israel und die Männer Judas seine Pflanzung, an der sein Herz hing. Er wartete auf Rechtsspruch, siehe, da war Rechtsbruch, auf Gerechtigkeit, siehe, da war Geschrei über Schlechtigkeit.

Liebe Gemeinde,

ich erinnere mich noch an ein Lied, nach dem wir damals vor vielen Jahren in der Tanzschule den langsamen Walzer lernten. Der Titel hieß: „Musst du jetzt gerade gehen, Lucille?“ In diesem traurigen Lied bringt der Sänger seine Enttäuschung darüber zum Ausdruck, dass seine Frau ihn verlassen will. „Unsere Kinder sind krank und die Schulden so viel. Du hast geschworen, du bist die Frau, die das Leben mit mir teilen will. Musst du jetzt gerade gehen, Lucille?“

Was wir heute als Predigttext vor uns haben, ist auch solch ein trauriges Liebeslied, das von einer enttäuschten Liebe singt und ergreifende Worte findet, die zu Herzen gehen und sich einprägen. Gott hält seinem Volk vor, dass er alles für sie getan hat, aber es hat nichts gefruchtet. Sie haben es nicht wertgeachtet. Sie haben seine  Erwartungen enttäuscht und nicht auf ihn gehört. Gott erwartete von ihnen, dass sie Recht und Gerechtigkeit untereinander übten, aber stattdessen gab es Rechts-bruch und Schlechtigkeit. Die Mächtigen brachten alles Land an sich, Arme wurden unterdrückt. Gott warf ihnen vor, die Wahrheit zu verdrehen, Gutes wurde böse und Böses gut genannt. Die Lüge regierte. Sie waren bestechlich und parteiisch. Trunkenheit vernebelte ihren Verstand und ihr Erkenntnisvermögen. Und in ihrem Hochmut prallte jede Kritik an ihnen ab. ( Jesaja 5, 8 ff)

Was mich beeindruckt, ist, wie Gott versucht, die Ohren und Herzen seiner abtrünnigen Leute zu erreichen: Mit einem Liebeslied, mit gefühlvollen, starken Worten, die nicht geschrien, sondern gesungen werden, bringt er seine Enttäuschung zum Ausdruck. In dem anschaulichen Bild vom Weinberg redet er mit ihnen und er stellt ihnen auch die Konsequenzen ihres Handelns vor Augen: Verwüstung und Zerstörung. Er gebraucht Wortspiele, die sich ihnen für immer einprägen mögen: „Er wartete auf Rechtsspruch, siehe, da war Rechtsbruch, auf Gerechtigkeit, siehe, das war Geschrei über Schlechtigkeit.“ So hat Luther diese Wortspiele sehr schön aus dem Hebräischen übersetzt. Und mit diesen Worten trifft er haarscharf ihr Vergehen, nämlich das Verdrehen der Wahrheit. Da kommt es oft auf klitzekleine, aber entscheidende Unterschiede an. Da muss man genau hinsehen und hinhören, wenn man die Wahrheit erkennen will. Ich weiß, dass es auch bei uns Rechtssprüche gibt, die das Recht der Menschen z.B. auf Asyl brechen. Da wird nicht genau genug hingesehen, da gibt es Vorurteile, kein Vertrauen, Fallen, die gestellt werden, die jemand, der der deutschen Sprache nicht so mächtig ist und vertrauensvoll ist, nicht erkennt. Aber es ist ein großes Unrecht, wenn Menschen, die wegen ihres christlichen Glaubens hier Hilfe suchen, in ihr Heimatland abgeschoben werden, wo ihnen das Todesurteil droht.

Könnten solche Worte, solch ein Liebeslied doch auch unsere Ohren erreichen und die unserer Politiker, der Richter, die solche schwerwiegenden Entscheidungen treffen! Worauf hören wir eigentlich? Ich will drei Dinge benennen: Erstens: Auch heute noch hören wir auf starke Worte, auch auf solche, die uns in Liedern gesungen werden. Auch wenn Worte heute eine große Inflation erfahren haben, weil einfach zu viele auf uns einstürzen, gehen doch Worte, die aus dem Herzen gesprochen werden, auch zu Herzen. Zweitens: Wir hören auf die Menschen, die uns nahe stehen und uns vertraut sind: Eltern, Geschwister, Kinder, Partner, Freunde. Möge uns Gottes Stimme auch so vertraut sein oder so vertraut werden, denn sein Herz hängt an uns. Und wir hören drittens auf die eigenen Erfahrungen. Daraus lernen wir am meisten, aus dem, was sich in unserem Leben bewährt hat, bzw. fehlgeschlagen ist.

Und so verstehe ich die Androhung Gottes im Weinberglied: Wenn das Volk nicht auf Gottes Wort hört, wird es die Erfahrung machen, dass Gott ihrem bösen Treiben Grenzen setzen wird. Sie werden eine Niederlage, den Untergang erleben. Und dann werden sie aus ihren eigenen Erfahrungen lernen. Manche fragen, ob die Pandemie vielleicht eine Strafe Gottes ist. Ich weiß es nicht, aber ich bemerke, dass viele Menschen daraus lernen wollen. Sie wollen sich selbst begrenzen, sich, andere und auch die Natur schützen. Das ist eine positive Auswirkung von Corona, dass unsere Einschränkungen, was das Fliegen und Fahren betrifft, die Natur entlasten und aufatmen lassen.

Was erwartet Gott nun von uns? Dass wir seine Liebe erwidern und auf seine Liebe antworten mit Freude und Dankbarkeit, mit Gegenliebe zu Gott und auch zu unserem Nächsten. Und Gottes Liebe ist stark, das zeigt das Weinberglied in seiner kraftvollen Schönheit. Er wird nicht aufhören, um uns zu werben. Beim Propheten Hosea ( 11, 8+9) hören wir: „Wie kann ich dich preisgeben? Mein Herz wendet sich gegen mich, all mein Mitleid ist entbrannt. Denn ich bin Gott und nicht Mensch.“ Und das Kreuz Jesu zeigt uns, was Gott bereit ist, für uns zu geben: „Der auch seinen eigenen Sohn nicht verschont hat, sondern hat ihn für uns alle dahingegeben – wie sollte er uns mit ihm nicht alles schenken?“ ( Römer 8, 32)            

Amen.


Wer die Predigt auch gesprochen hören möchte, kann die Tel.nr. 06441/445715 anrufen. Probieren Sie es einfach mal aus!

Katechumenenunterricht findet donnerstags um 17:15 Uhr auf Skype statt.

Konfirmandenunterricht findet Sa., den 6. März von 9- 10.30 Uhr auf Skype statt.                                                                                                                             

Kollekte: Wer eine Kollekte geben möchte, kann sie in einen Umschlag legen und in den Briefkasten am Gemeindebüro werfen. Die Kollekte ist bestimmt für die  Kirchenmusik unserer Gemeinde.


Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Sonntag, 

Ihre Pfarrerin Ellen Wehrenbrecht