Predigt am 26. April

Christus spricht: Ich bin der gute Hirte. Meine Schafe hören meine Stimme und ich kenne sie und sie folgen mir und ich gebe ihnen das ewige Leben. (Joh 10,11.27-28a)

Liebe Gemeinde,

dieser Sonntag steht ganz im Zeichen des „Guten Hirten“. Ich habe dabei immer sofort ein Bild im Kopf, das im Schlafzimmer meiner Großeltern über dem Bett hing: Ein Hirte in dickem Mantel in einer rauen Bergwelt mit einem Lamm auf seinen Schultern vor dem Dunkel der Wolken, durch die gerade die Sonne bricht…

Meint Petrus das, wenn er schreibt: „Ihr wart wie Schafe, die sich verirrt hatten. Aber jetzt seid ihr zu eurem Hirten und Beschützer zurückgekehrt.“? Verloren, gesucht, gefunden, getragen, beschützt… So kennen wir das Hirt- und Schafbild und so hat es sicher auch seine Berechtigung. Doch wie kommt es aus der Kitschecke raus?

Schauen wir bei Petrus selbst:

Er ist der, der sich von jetzt auf gleich ganz auf Jesus einlässt. Er verlässt Frau und Boot und zieht mit ihm durch das Land. Er hört die Botschaft von den Möglichkeiten Gottes: Von Liebe, die allen gilt. Von Vergebung, die Beziehungen heilt. Von Gemeinschaft, in der jede*r dazugehört. Und er sieht die Möglichkeiten Gottes: Menschen werden geheilt. Menschen verändern ihr Leben. Menschen machen sich auf den Weg. Und Petrus ist dabei. Nicht nur äußerlich. Nein, mit voller Überzeugung.

Und doch verirrt er sich. Und doch verliert er sich. Weil er es richtig machen will. Weil er sich überschätzt. Weil die Angst ihn einholt. Weil er versagt. Und als der Hahn kräht, kann er nur noch weinen.

Und mit diesen Tränen fängt das Gefundenwerden an. Petrus macht sich selbst nichts mehr vor. Er sieht: so bin ich auch. Diese Seiten gehören zu mir. Er begegnet sich in der Tiefe.

Dann begegnet ihm der auferstandene Jesus und fragt ihn dreimal: „Hast du mich lieb?“ Und Petrus antwortet dreimal: „Du weißt, dass ich dich lieb habe.“ Sie finden sich in dieser Liebe – in der Liebe, die keine Vorwürfe macht; in der Liebe, die den anderen nicht verändern will; in der Liebe, in der alles ans Licht kommen darf; in der Liebe,  die Leiden nicht ausschließt – an sich, an der Welt und an Gott; an der Liebe, die  alle Trennung überwindet – selbst den Tod.

Wir Menschen sind keine Schafe. Schafe gehen den Weg, den der Hirte für sie aussucht. Wir Menschen gehen jeweils einen eigenen Weg. Kreuzungen, Umwege, Sackgassen gehören dazu. Verirren gehört dazu. Es darf sein. Vielleicht muss es sogar sein. Um sich zu entdecken. Um sich zu finden. Um Gott zu finden. Um von ihm gefunden zu werden. Um seine Liebe zu spüren. Dort, wo ich mich nicht mag; wo ich meinen Ansprüchen nicht genüge; wo ich merke, was mir fehlt; wo ich nicht weiterweiß.

Jesu Frage: „Hast du mich lieb?“ bedeutet ja: „Hast du lieb, wen ich lieb habe? Hast du lieb, was ich lieb habe?“

Das sind Sie! Das bist Du! Das bin ich! Mit allem, was zu uns gehört! Auch das Verirren und das Versagen sind aufgehoben in seiner Liebe. Und die Nachbarin, der Busfahrer, der Apfelbaum und das Gänseblümchen auch – sogar Hr. T., der von sich meint, er irre nie (und an dem wir sehen, dass ein „Ich habe mich geirrt“ schon ein Gefundenwerden wäre…)

Jesus mutet mir zu, meinen Weg selbst zu finden. Ich kann mich an ihm orientieren, kann mein Leben nach seinem richten und ihm folgen in der Liebe, die er gelebt hat.

Und so entsteht für mich ein neues Bild: Mal trägt Jesus mich; mal trage ich ihn. Das hat nur noch keine Malerin gemalt…

Aus dem Wochenlied „Es kennt der Herr die Seinen“ (eg 358)

6. So hilf uns, Herr, zum Glauben und halt uns fest dabei;

lass nichts die Hoffnung rauben; die Liebe herzlich sei!

Und wird der Tag erscheinen, da dich die Welt wird sehn,

so lass uns als die Deinen zu Deiner Rechten stehn.

Mitteilung zur Kollekte: Die Kollekte istje zur Hälfte bestimmt für Bildungs- und Begegnungsarbeit im Ausland, Talitha Kumi und unser Patenkind in Indien

Wer etwas dafür spenden möchte, kann das Geld in einen Umschlag legen mit dem Vermerk „Kollekte für den 26. April“ und in den Briefkasten beim Gemeindebüro werfen. Herzlichen Dank!

Predigttext:  1. Petrus 2, 21b-25

21b Er hat euch ein Beispiel gegeben, damit ihr ihm in seiner Fußspur nachfolgt.

22 Er hat keine Schuld auf sich geladen und aus seinem Mund kam nie ein unwahres Wort.

23 Wenn er beschimpft wurde, gab er es nicht zurück. Wenn er litt, drohte er nicht mit Vergeltung. Sondern er übergab seine Sache dem gerechten Richter.

24 Er selbst hat unsere Sünde mit seinem eigenen Leib hinaufgetragen an das Holz. Dadurch sind wir für die Sünde tot und können für die Gerechtigkeit leben. Durch seine Wunden seid ihr geheilt.

25 Ihr wart wie Schafe, die sich verirrt hatten. Aber jetzt seid ihr zu eurem Hirten und Beschützer zurückgekehrt.