Paulus trat in die Mitte des Areopags und sprach: „Ihr Männer von Athen! Nach allem, was ich sehe, seid ihr sehr religiöse Leute. Ich bin durch die Stadt gegangen und habe mir eure heiligen Stätten angeschaut. Dabei habe ich auch einen Altar gefunden, auf dem stand: `Für einen unbekannten Gott.´ Das, was ihr da verehrt, ohne es zu kennen, das verkündige ich euch. Es ist der Gott, der die Welt geschaffen hat und alles, was in ihr ist. Er ist der Herr über Himmel und Erde. Er wohnt nicht in Tempeln, die von Menschenhand errichtet wurden. Er ist auch nicht darauf angewiesen, von Menschen versorgt zu werden. Er selbst gibt uns ja das Leben, die Luft zum Atmen und alles, was wir zum Leben brauchen. Er wollte, dass die Menschen nach ihm suchen – ob sie ihn vielleicht spüren und entdecken können. Denn keinem von uns ist er fern. Durch ihn leben wir doch, bewegen wir uns und haben wir unser Dasein. (Apostelgeschichte 17,22- 25, 27+28)
Liebe Gemeinde,
wer schon einmal in Athen war, kann sich sicher noch an einige beeindruckende Bauwerke der Antike erinnern, allen voran die Akropolis, die alte Stadtfestung Athens, zu der auch einige Tempel gehörten, wie der Pantheon – Tempel, in dem Pallas Athene verehrt wurde, oder das Erechtheion, in dem man einen Altar des Poseidon findet, den Nike – Tempel, der der Siegesgöttin Nike geweiht war, und nicht zuletzt die gewaltigen Säulen des Zeus- Tempels, deren Überreste noch heute bewundert werden können.
Auch wir Christen haben unserem Gott gewaltige, beeindruckende Stätten gebaut, in denen Menschen Gott ehrfurchtsvoll verehrt haben und verehren. In den Domen und großen Kirchen in Berlin, Hamburg, Köln, Frankfurt und an vielen anderen Orten spürt man etwas von der Herrlichkeit und Größe Gottes. Man staunt darüber was Künstler, Baumeister und Handwerker zur Ehre Gottes errichtet haben. Auch unsere Kirche zeugt davon, dass Menschen all ihre Kraft und ihr Vermögen eingesetzt haben, um sie in ihrer Schönheit zu bauen und wieder aufzubauen. Die Menschen wollten zeigen: Hier ist Gott mitten unter uns. Hier können wir ihn gemeinsam suchen und finden und verehren.
Als Paulus damals durch die Straßen Athens ging, entdeckte er viele Tempel und Altäre für viele Götter. Ich glaube, das ist heute auch in unseren Städten nicht anders. Die Kirchen sind umgeben von riesigen Einkaufszentren. Es finden sich Fuß- ballstadien, die 60.000 bis 80.000 Zuschauer fassen, und die Wolkenkratzer der Banken überragen die Türme eines Domes bei weitem. Hier werden andere Götter verehrt als in den Kirchen: das Geld, die Stars, der Konsum. Menschen suchen darin Glück, ein erfülltes Leben und Sinn, aber können sie es dort finden?
Paulus bestärkt die Menschen in ihrer Suche. In seiner Rede auf dem Areopag sagt er, dass er unter den vielen Tempeln und Altären auch einen gefunden hat, auf dem stand: „Für einen unbekannten Gott“. Die Menschen hielten sich die Möglichkeit offen, diesen unbekannten Gott zu finden. In der Apostelgeschichte heißt es, dass die Athener neugierige Leute waren. Sie kannten keinen besseren Zeitvertreib, als stets das Neueste in Erfahrung zu bringen und es weiter zu erzählen. Und sie fragen Paulus: „Was ist das für eine neue Lehre, die du da vertrittst? Was du erzählst, klingt in unseren Ohren sehr fremd. Wir würden gern wissen, was es damit auf sich hat.“ Solche Neugier, solches Interesse und die Bereitschaft zuzuhören sind positiv. Paulus geht darauf ein. Er verkündigt ihnen den unbekannten Gott, den sie unwissend und vorsichtshalber, um keine Chance auf ein erfülltes Leben zu verpassen, verehrt haben.
Paulus sagt, dass Gott selbst es war, der die Menschen mit dieser Sehnsucht im Herzen geschaffen hat, dass sie Gott suchen und ihn finden wollen. Er hat sie so geschaffen, dass sie neugierig sind, denken und forschen mit allen Sinnen, mit Herz und Verstand. Sie suchen Leben und Glück, Sinn und Halt. Und Gott ist ihnen näher als sie es geahnt hätten. Gott ist keinem von uns fern, verkündet Paulus. Eigentlich brauchen wir gar keine Tempel oder Kirchen, um ihn zu finden, um ihm nahe zu sein und von ihm angesehen zu werden. Denn ihm gehört die ganze Welt. Er hat die ganze Welt geschaffen und alles, was darin ist. Er hat uns gemacht und schon angesehen, als wir noch im Leib unserer Mutter waren. In ihm leben wir, bewegen wir uns und haben wir unser Dasein.
In ihm leben wir – von Gott bekommen wir unseren Atem und alles, was wir zu Leben brauchen, unsere Organe, das Blut, das in unseren Adern fließt, unsere Sinne und Gefühle und unser Wesen. In ihm bewegen wir uns – ob wir laufen oder Rad fahren, ob wir mit unseren Händen arbeiten oder zärtlich streicheln, ob wir mit unseren Fingern über den Bildschirm des Handys streichen oder Klavier spielen – alle diese Fähigkeiten hat Gott in uns hineingelegt. In ihm haben wir unser Dasein – so wie wir sind mit unserem Aussehen, unserer Hautfarbe, mit unseren Fähigkei- ten und Grenzen. Als Gottes Kinder sind wir geschaffen und berufen zum Leben. Wir sollen frei entfalten können, was Gott in uns hineingelegt hat. So wie wir sind, hat Gott uns geschaffen und gewollt. Und wenn wir Gott finden, finden wir auch immer zu uns selbst. Dann lernen wir uns so zu sehen, wie Gott uns sieht, wie er uns geschaffen und gewollt hat.
Aber Gott ist nicht eine Möglichkeit von vielen, um ein erfülltes Leben zu finden, sondern er ist der, der das Leben in seiner ganzen Fülle umfasst, sogar über den Tod hinaus. Und wer Gott erkennt, verändert sein Leben grundlegend, der gewinnt eine ganz neue Sicht auf das Leben. Paulus sagt: „Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden.“ (2. Kor. 5,17) Als die Athener von diesem Anspruch hören, und als Paulus zu ihnen von der Auferstehung von den Toten spricht, da sind etliche empört, so lesen wir es in der Apostelgeschichte weiter, manche gehen auch weg und wollen sich erst einmal nicht festlegen und entscheiden, aber einige lassen sich auf diesen unbekannten Gott und den neuen Glauben ein. Und für sie beginnt ein Leben aus der Kraft der Auferstehung. Das waren Dionysius und eine Frau mit dem Namen Damaris – und das bin auch ich?! Amen.
Wenn Sie mögen, stimmen Sie in das Lied (EG 115) mit ein:
- Jesus lebt, mit ihm auch ich! Tod, wo sind nun deine Schrecken?
Er, er lebt und wird auch mich von den Toten auferwecken.
Er verklärt mich in sein Licht; dies ist meine Zuversicht
Die Predigt ist auch zu hören unter der Tel.nr. 06441/445715.
Katechumenenunterricht findet donnerstags um 17:15 Uhr auf Skype statt.
Kollekte: Wer eine Kollekte geben möchte, kann sie in einen Umschlag legen und in den Briefkasten am Gemeindebüro werfen. Sie ist bestimmt für die Restaurierung unserer Orgel.
Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Sonntag!
Ihre Pfarrerin Ellen Wehrenbrecht