Predigt am 18. April 2021

So spricht Gott der Herr: Siehe, ich will an die Hirten und will meine Herde von ihren Händen fordern;  ich will ein Ende damit machen, dass sie Hirten sind, und sie sollen sich nicht mehr selbst weiden. Ich will meine Schafe erretten aus ihrem Rachen, dass sie sie nicht mehr fressen sollen.

Denn so spricht Gott der Herr: Siehe ich will mich meiner Herde selbst annehmen und sie suchen. Wie ein Hirte seine Schafe sucht, wenn sie von seiner Herde verirrt sind, so will ich meine Schafe suchen und will sie erretten von allen Orten, wohin sie zerstreut waren zur Zeit, als es trüb und finster war. Ich will sie aus den Völkern herausführen und aus den Ländern sammeln und will sie in ihr Land bringen und will sie weiden auf den Bergen Israels, in den Tälern und wo immer sie wohnen im Lande. Ich will sie auf die beste Weide führen, und auf den hohen Bergen in Israel sollen ihre Auen sein; da werden sie auf guten Auen lagern und fette Weide haben auf den Bergen Israels. Ich selbst will meine Schafe weiden, und will sie lagern lassen, spricht Gott der Herr. Ich will das Verlorene wieder suchen und das Verirrte zurückbringen und das Verwundete verbinden und das Schwache stärken und, was fett und stark ist, behüten; ich will sie weiden wie es recht ist.            ( Hesekiel 34, 10-16)

Liebe Gemeinde,

das Titelfoto zeigt eine Schafsherde auf den Lahnwiesen. Die Schafe können in Ruhe fressen und in Ruhe ihre Lämmer auf die Welt bringen, denn ein guter Hirte und eine gute Hirtin sorgen für sie. Die beiden haben ihren Wohnwagen auf der Weide mitten unter ihren Schafen aufgestellt. Sie haben die große Weidefläche rundherum eingezäunt, damit die Tiere vor Eindringlingen geschützt sind und nicht weglaufen können. Und wenn das Gras abgefressen ist, wechseln sie die Weide und zäunen eine neue Fläche ein. Das ist viel Arbeit und jetzt, wenn die Lämmer geboren werden, müssen sie sicher auch nachts öfter mal raus. Die Schafe kennen ihren Hirten und ihre Hirtin, denn wenn sie sie rufen, kommen sie gelaufen und sammeln sich um sie herum, vermutlich weil es etwas Leckeres zu fressen gibt. Ich habe den Eindruck, dass die beiden gute Hirten sind, die das Vertrauen ihrer Schafe gewonnen und verdient haben, und die ihren Beruf mit Hingabe ausüben, denn sie sind sogar bereit, den Komfort eines festen Hauses gegen einen Wohnwagen einzu- tauschen, um bei den Schafen zu sein und auf sie achtgeben zu können.

Unser Predigttext beginnt mit dem Vorwurf an die religiösen und politischen Führer

des Volkes, dass sie sich nicht um das Volk, die ihnen anvertraute Herde kümmern, sondern dass sie sich selbst weiden. Schlechte Hirten sind solche Menschen, die sich selbst bereichern, die keine oder zu wenig Verantwortung für die übernehmen, die ihnen anvertraut sind, die vielleicht auch von ihnen abhängig sind. Ein Verbrechen ist es, wenn Schwächere ausgenutzt oder missbraucht werden. Wir kennen die üblen Spiele, dass man versucht, sich gegenseitig den schwarzen Peter zuzuschie-ben, oder sich beharrlich in Schweigen hüllt, wegsieht und übersieht, was man nicht sehen will. Aber Gott sieht das Unrecht, das geschieht, und zieht Konsequen- zen. Durch seinen Propheten lässt er ankündigen, dass er diesen schlechten Hirten die Herde wegnehmen wird. Sie verlieren ihre Zuständigkeit und Ämter, denn Gott wird sich selbst um sein Volk kümmern.

Aber wie tut er das? In Hes. 34,23 lesen wir: „Ich will ihnen einen einzigen Hirten erwecken, der sie weiden soll, nämlich meinen Knecht David.“ In Jesus Christus, der ein Nachkomme Davids ist, der Gottes Sohn ist, finden wir einen guten Hirten, der ganz nach dem Herzen Gottes handelte, der sich so, wie Gott es wollte, um die Menschen kümmerte und sein Leben für sie hingab. Bei Hesekiel heißt es ( 34,16):

Ich will das Verlorene wieder suchen – Jesus nahm sich der verlorenen Menschen an. Den Zöllner Zachäus bewegte er dazu, sein Leben zu ändern. Zachäus hatte sich darin verloren, sein Amt zu missbrauchen, dem Geld nachzujagen und seine Mitmenschen zu betrügen. Jesus zeigte uns Gott als gütigen Vater, der auf uns wartet und uns entgegenkommt, wenn wir uns in Schuld verstrickt haben und zu ihm umkehren oder zurückkehren wollen. Das ist immer möglich.

Und das Verirrte zurückbringen – Jesus hat sich bemüht, die Pharisäer und Schriftgelehrten von ihrer eigenen hartherzigen und selbstgerechten Gesetzlichkeit abzubringen, indem er zahlreiche Auseinandersetzungen und Streitgespräche mit ihnen führte. Bei einem wie Nikodemus mag es ihm geglückt sein (Joh.3). Er scheute sich nicht, die Wahrheit offen zu sagen.

Und das Verwundete verbinden – Aussätzige, Blinde, Gelähmte, Taubstumme heilte Jesus. Die Menschen liefen ihm nach, sie schrien ihm nach, weil sie von ihm Hilfe erwarteten und bekamen. Er hatte Mitleid mit einem, der sagte: „Herr, ich habe keinen Menschen.“ ( Joh.5,7) Er heilte körperliche und seelische Wunden.

Und das Schwache stärken – Frauen waren damals und sind heute oft noch die Schwächeren in unseren Gesellschaften. Jesus nahm sie in Schutz, als er z.B. die Ehebrecherin vor der Steinigung bewahrte, indem er zu denen, die sie richten und töten wollten, sagte: „wer von euch ohne Sünde ist,werfe den ersten Stein.“ (Joh.8)

Und was fett und stark ist, behüten – Stark waren, glaube ich, Jesu Jünger, allen voran Petrus. Jesus hat ihn ermutigt, gelobt, bestärkt, aber auch kritisiert oder zurückgehalten, wenn er zu impulsiv war. Jesus hat mit seinen Jüngern in einer engen Gemeinschaft zusammengelebt. Er hat sein Leben mit ihnen geteilt. Und am Ende hat er sie beauftragt und ihnen Verantwortung für Andere übertragen. Er hat sie zu Hirten gemacht an seiner statt. Jesus fragte Petrus: „Hast du mich lieb?“ Und als Petrus antwortete: „Ja, Herr, du weißt, dass ich dich liebhabe.“, sagte Jesus: „Weide meine Lämmer. Weide meine Schafe.“ (Joh.21, 15+16) Das ist wohl die wichtigste Voraussetzung um ein guter Hirte oder eine gute Hirtin zu sein, dass man den Herrn liebhat. Jesus teilt sein Amt mit seinen Jüngern. Er sendet sie in die Welt. Er sendet auch uns, die wir an ihn glauben und ihn liebhaben in die Welt zu den Menschen, die verloren und schwach sind, die Wunden an Körper und Seele tragen, und zu den Starken, die für andere da sein können, damit wir sie gewinnen und stärken, das zu tun.

Unsere Gemeinde lebt davon, dass wir uns von Jesus senden lassen, dass wir aufeinander achtgeben. Wir sind beides, Schafe und Hirten, zugleich. Als Schafe sollen wir auf unseren guten Hirten Jesus hören, ihm vertrauen und nachfolgen und dankbar sein für alles, was er uns schenkt und für uns tut. Als Hirte oder Hirtin sollen wir aufeinander achtgeben. Das kann einer oder eine nicht allein. Und bald mag unsere Herde – um in diesem Bild zu bleiben, auch wieder gesammelt werden in der Kirche und in den Jugendräumen – an einem heiligen Ort, mit Liedern und Gebeten Gott loben und satt werden von Gottes Wort, erfüllt von Gemeinschaft und Nähe, und gestärkt und gesegnet nach Hause gehen.   Amen.

Die Predigt ist auch zu hören unter der Tel.nr. 06441/445715.

Katechumenenunterricht findet donnerstags um 17:15 Uhr auf Skype statt.

Kollekte: Wer eine Kollekte geben möchte, kann sie in einen Umschlag legen und in den Briefkasten am Gemeindebüro werfen. Sie ist bestimmt für Tikato.

Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Sonntag!                                                             

Ihre Pfarrerin Ellen Wehrenbrecht