Predigt am 16. Mai 2021

Am letzten Tag, dem Höhepunkt des Festes, stellte sich Jesus hin und rief mit lauter Stimme: „Wenn jemand Durst hat, soll er zu mir kommen und trinken – jeder, der an mich glaubt. So sagt es die Heilige Schrift: ‚Ströme von lebendigem Wasser werden aus seinem Inneren fließen.‘“ Jesus bezog dies auf den Heiligen Geist. Den sollten die erhalten, die zum Glauben an ihn gekommen waren. Denn der Heilige Geist war damals noch nicht gekommen, weil Jesus noch nicht in Gottes Herrlichkeit aufgenommen war.   ( Johannes 7, 37-39)

Liebe Gemeinde,


Unser Sehnen

„Da wohnt ein Sehnen tief in uns“ – dieses Lied finden Sie auf der Rückseite des Blättchens. Ja, so geht es mir und vielleicht auch Ihnen, dass wir solch ein Sehnen in uns spüren. Vielleicht ist dieses Sehnen nicht immer gleich stark, aber es ist da. Ja, in mir ist ein Sehnen nach Frieden, nach Freiheit, nach Hoffnung. Für mich werden in den einzelnen Strophen sehr schöne Worte verwendet, um auszudrücken, was ich oft in mir trage: Die Sehnsucht nach Einsicht, nach Beherzt- heit, nach Beistand, nach Heilung, nach Ganzsein, nach Zukunft. Worauf ich hoffe, was ich mir wünsche, wird hier in Sprache gegossen und ich bin eingeladen, es mitzusingen. Gleichzeitig werden hier nicht nur Hoffnungen und Wünsche ausgedrückt. Das ganze Lied ist ja auch ein Gebet, das mit den Worten in der vierten Strophe schließt: „Dass du, Gott, das Sehnen, den Durst stillst, bitten wir. Wir hoffen auf dich – sei da, sei uns nahe, Gott!“ Vor diesem Hintergrund lesen sich die Worte unseres Predigttextes wie eine einzige Antwort.

Er ist die Antwort

Wenn ich diese Worte höre, dann verändere ich als erstes meine Fragestellung. Es heißt dann nicht mehr: Was erhoffe ich mir? Und auch nicht mehr: Was erwarte ich für mich? Jetzt, mit den Worten des Textes vor Augen, formuliere ich: Auf wen hoffe ich? Wen erwarte ich? Denn das ist ja das Besondere an dieser Erzählung. Sie dreht sich um eine Person. Die Hauptperson dieser Erzählung trägt einen Namen, einen einzigartigen Namen, so eizigartig wie diese Erzählung auch ist.

Mitten im Tempel spielt sie sich ab, am letzten Tag des Laubhüttenfestes. Die Priester zogen morgens zur Schiloachquelle, schöpften Wasser und brachten es in feierlicher Prozession zum Tempel, um es auf dem Brandopferaltar auszugießen. Dieser Ritus erinnerte an die Zeit der Wüstenwanderung, in der kostbares Wasser aus dem Felsen hervorkam, und verwies gleichzeitig auf die messianische Endzeit, in der aus dem Tempel in Jerusalem reinigendes Heilwasser quellen wird. Damit geht es um das Leben, das Überleben des Volkes in der Vergangenheit und in der Zukunft.

Ich bin es

Auf diesen Ritus nimmt Jesus Bezug, wenn er sich erhebt und den Menschen zuruft: „Wenn jemand Durst hat, soll er zu mir kommen und trinken!“ Es ist ein mutiges Wort, das Jesus den Menschen zusagt und eines der schönsten Bildworte, das zeigt, wer Jesus für uns ist: Die Quelle des Lebens. Ich bin es: Bei mir wird euer Durst nach Leben gestillt. „Wer an mich glaubt, aus dessen Inneren werden Ströme von lebendigem Wasser fließen.“ In dem Lied singen wir: „Dass du, Gott, das Sehnen, den Durst stillst, bitten wir.“ Hier ist die Antwort auf unsere Bitten. In einer Person, in Jesus Christus leuchtet Gottes Antwort auf, weil er, Jesus Christus aufsteht und es hinausruft: Ich bin es.

Wie das konkret geschehen kann, wird in der Geschichte von der Ehebrecherin deutlich, die Johannes im nächsten Kapitel erzählt. Diese Frau soll gesteinigt werden, ihr Leben verlieren. Aber mit Jesus nimmt diese Geschichte eine Wendung, er entlässt sie mit den Worten ins Leben: „Ich verurteile dich nicht. Geh. Aber tue von jetzt an kein Unrecht mehr.“ Neues Leben wird möglich, Vergebung wird greifbar, es gibt keine hoffnungslosen Fälle, all dies wird damit ausgesagt und vor allem: Es wird konkret, es wird greifbar. In Jesus Christus wird Gott konkret und in seinem Handeln greifbar. So werden die Worte in unserem Text nachvollziehbar: Er ist die Quelle des Lebens.

Und wir bekommen Anteil

Die an ihn glauben, sollen den Heiligen Geist empfangen. Das ist auch eine wichtige Aussage des Predigttextes. Der Geist Gottes, den uns der auferstandene Herr geben wird, wird in uns zu einer Quelle von lebendigem Wasser. Jeder von uns, der an Jesus Christus glaubt, wird zu einem Tempel des Heiligen Geistes. Und aus dieser Quelle werden Ströme von lebendigem Wasser hervorsprudeln. Denn unser Glaube verändert uns, er wirkt. Wir bekommen eine neue Sicht auf Gott, auf die Welt und auf uns selbst. Wir selbst werden Teil von etwas Neuem. Wir gewinnen eine neue, eine besondere Hoffnung, die über dieses Leben hinausreicht. Und wir können davon reden, und daraus Kraft schöpfen, denn alles, was wir hier beginnen und tun, wird am Ende nicht vergeblich sein. Und wir leben aus der Kraft der Liebe. Und Liebende leben aus der Vergebung. Das bedeutet, es gibt einen neuen Anfang, hier und jetzt, wenn wir es wollen, wenn wir uns danach sehnen. In 2. Tim. 1, 7 hören wir: „Denn Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit.“           

Amen

Wenn Sie mögen, stimmen Sie ein in das Lied:

Da wohnt ein Sehnen

R.: Da wohnt ein Sehnen tief in uns, o Gott, nach dir, dich zu sehn, dir nah zu sein. Es ist ein Sehnen, ist ein Durst nach Glück, nach Liebe, wie nur du sie gibst.

  1. Um Frieden, um Freiheit, um Hoffnung bitten wir.

In Sorge, in Schmerz – sei da, sei uns nahe, Gott.

2. Um Einsicht, Beherztheit, um Beistand bitten wir.

In Ohnmacht, in Furcht – sei da, sei uns nahe, Gott.

3. Um Heilung, um Ganzsein, um Zukunft bitten wir.

In Krankheit, im Tod – sei da, sei uns nahe, Gott.

4. Dass du, Gott, das Sehnen, den Durst stillst, bitten wir

Wir hoffen auf dich – sei da, sei uns nahe, Gott.

Die Predigt ist auch zu hören unter der Tel.nr. 06441/445715.

Katechumenenunterricht findet donnerstags um 17:15 Uhr auf Skype statt. 

Kollekte: Wer eine Kollekte geben möchte, kann sie in einen Umschlag legen und in den Briefkasten am Gemeindebüro werfen. Sie ist bestimmt für Tikato.

Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Sonntag!      

Ihre Pfarrerin Ellen Wehrenbrecht