Auszeit-Andacht 12. Mai 2021

Gelobt sei Gott, der mein Gebet nicht verwirft

noch seine Güte vom mir wendet. (Psalm 66,20)

Liebe Auszeit-Menschen!

Ich weiß nicht, wie ich diese Zeit überstehen würde, könnte ich nicht beten. Beten heißt „Gott treffen, wann ich will“ (Susanne Niemeyer) –

und das will und brauche ich gerade ständig.

Zu vieles geht mir durch den Kopf und liegt mir auf der Seele. Auf der Arbeit ist eine Kollegin schon lange krank – und es kann sein, dass sie gar nicht mehr wiederkommen kann. Eine andere ist so belastet durch ‚Homeschooling‘ und ‚Homeoffice‘, dass sie nur noch gereizt ist. Ein Freund hatte Corona und leidet immer noch sehr unter Erschöpfung und Atemnot. Die Stimmung im Land ist gereizt. Die Menschen dünnhäutig und schnell aufbrausend. Ich muss noch ein Seminar vorbereiten und suche nach Ideen. Mein Vater wartet auf Kohlrabi-Superschmelz-Pflänzchen und ich kriege keine. Das Auto springt nicht immer an und ich habe Sorge, mal irgendwo nicht wieder weg zu kommen….

– und das ist noch nicht mal alles, was mich beschäftigt!

Ihre „Liste“ sieht sicher anders aus, aber ich behaupte mal, dass Sie auch einiges nennen könnten, was Ihnen das Herz schwer macht. Und da ist das Gebet eine wichtige, wenn nicht sogar die wichtigste Therapie. Im Gebet kann ich mein Herz ausschütten, Worte finden für das, was mich belastet, abladen, weinen, klagen, schimpfen – bei Gott. Ich rede nicht einfach ins Blaue hinein, sondern vertraue darauf, dass Gott mich hört und sieht und weiß, wie es mir geht und sogar das mitkriegt, was ich nicht sage.

Morgens mich und diesen Tag Gott anvertrauen.

Immer wieder ein Stoßgebet zum Himmel schicken (für die Kollegin, den Freund, dass das Auto anspringt…)

Bei Tisch danken für das ‚täglich Brot‘.

Mit meinem Atem ein Gebetswort verbinden.

In Psalmworte einstimmen, wenn ich keine eigenen Worte habe.

Singend beten.

Mich und die Welt bergen im Vaterunser.

Still werden und in Gottes Gegenwart verweilen.

– Gott treffen, wann ich will!

Beten ist Reden wie mit einer Freundin – so wie mir der Schnabel gewachsen ist, so wie es mir gerade geht, so lange wie ich es brauche.

Beten ist eine große Kraftquelle – weil es mich entlastet, weil mir jemand zuhört, weil ich nicht mehr sein muss als ich bin – Gottes geliebtes Geschöpf.

Beten zeigt mir – ich muss nicht alles alleine schaffen, ich habe nicht alles in der Hand, ich bin angewiesen und das ist gut so.

Beten verwandelt – es ändert meinen Blick, es lässt still werden, es weckt Vertrauen und Mut.

Beten hat verändernde Kraft – nicht nur bei den Friedensgebeten in Leipzig und anderswo. Gemeinsame Anliegen, gemeinsame Fürbitte stärkt die Gemeinschaft und lässt Gott handeln.

Gelobt sei Gott, der mein Gebet nicht verwirft – mein Bitten, Klagen, Schreien, Danken, Fragen, Loben, Schweigen –

noch seine Güte von mir wendet – denn die erweist er mir und der Welt –

und Ihnen 🙂

Fangen Sie doch jetzt einfach mal zu beten an:

„Gott, gerade liegt mir das auf der Seele: …“

Mit herzlichen Grüßen                                             

Inge Lehrbach-Bähr


Gott, zu dir rufe ich in der Frühe des Tages.

Hilf mir beten

Und meine Gedanken sammeln zu dir.

Ich kann es nicht allein.

In mir ist es finster,

aber bei dir ist das Licht.

Ich bin einsam,

aber du verlässt mich nicht.

Ich bin kleinmütig,

aber bei dir ist der Friede.

Bei mir ist Bitterkeit,

aber bei dir ist die Geduld.

Ich verstehe deine Wege nicht,

aber du weißt den Weg für mich.

Dietrich Bonhoeffer (1943)