Predigt am 10. Januar

Ich ermahne euch nun, Brüder und Schwestern, durch die Barmherzigkeit Gottes, dass ihr euren Leib hingebt als ein Opfer, das lebendig, heilig und Gott wohlgefällig sei. Das ist euer vernünftiger Gottesdienst. Und stellt euch nicht dieser Welt gleich, sondern ändert euch durch Erneuerung eures Sinnes, auf dass ihr prüfen könnt, was Gottes Wille ist, nämlich das Gute und Wohlgefällige und Vollkommene.

                                                                                                             Römer 12, 1+2

Liebe Gemeinde,

auf diese beiden Verse unseres Predigttextes möchte ich mich beschränken. Da ist von einem vernünftigen Gottesdienst die Rede. Im Presbyterium, das die Leitung unserer Kirchengemeinde trägt, erschien es uns vernünftig zu sein, während der Zeit des Lockdowns keine Gottesdienste in der Kirche zu feiern. Es ist zwar erlaubt, Gottesdienste zu feiern, aber jede Kirche und Gemeinde muss selbst entscheiden, ob sie das verantworten kann und will. Wenn man selbst betroffen war oder einige Bekannte und Nachbarn vor Augen hat, die schwer an Corona erkrankt sind, dann steht die Gesundheit der Gottesdienstbesucher im Vordergrund. Dann hat man Angst und Sorge, dass sich weitere Menschen auch in einem Gottesdienst anstecken könnten. Ein vernünftiger Gottesdienst ist dann einer, den man zu Hause allein oder mit seiner Familie feiert, indem man Gottes Wort hört oder liest, betet, vielleicht auch singt oder in der Stille auf Gott hört.

Paulus denkt jedoch, wenn er von einem „vernünftigen Gottesdienst“ spricht, an etwas ganz Anderes, nämlich daran, dass ein Gottesdienst ein Dienst für Gott ist, den wir Gott erweisen können. Das ist, würde ich meinen, eine große Ehre, wenn wir Gott einen Dienst erweisen können. Schön, dass er uns gebrauchen kann und will.

Paulus sagt, dass wir unseren Leib für Gott hingeben sollen als ein lebendiges, heiliges und Gott wohlgefälliges Opfer. Seinen Leib für Gott hingeben, das tut nur ein Mensch, der Gott von ganzem Herzen vertraut und liebt. Hingabe ist immer an Vertrauen und Liebe gebunden. Dass unser Leib ein lebendiges Opfer ist, ist für mich ein schöner Gedanke. Wenn ich mir einen lebendigen Menschen vorstelle, habe ich jemanden vor Augen, der oder die andere überraschen kann mit seinen Gedanken und Gefühlen, mit seinen Antworten und Fragen, mit seinen Taten und Wünschen, mit seinen Ideen und Vorstellungen, mit seinem Lachen und Weinen. Gerade in unserer Lebendigkeit kann Gott uns gebrauchen. Stellen Sie sich die

Lebendigkeit von Kindern vor und Sie wissen, was dieser Welt gut tut.

Wenn wir Gott mit unserem Leib dienen können, dann liegt es nahe, an praktische Dinge zu denken, die man mit Händen und Füßen tun kann: praktische Nächstenliebe, auch sie ist notwendig und tut dieser Welt gut. Menschen, die heute schon alt sind, erzählen immer noch davon, dass sie als Konfirmanden  geholfen haben, Steine zu klopfen. Die Kirche in Niedergirmes war durch Bomben im Krieg zerstört worden. Sie war ein Trümmerfeld. Die jungen Leute haben die Steine zurecht geklopft, so dass sie wieder zum Aufbau der Kirche verwendet werden konnten. Unsere Konfirmanden in Niedergirmes und Garbenheim haben auch einige praktische Dinge für die Gemeinde getan, z.B. die Gestaltung der Gedenkfeier zur Reichspogromnacht, ein Krippenspiel einstudiert, Müll gesammelt,  Gemeindebriefe verteilt, den Jugendraum mit gestaltet. Und ohne den Einsatz vieler Erwachsener, die ihre Begabungen und Fähigkeiten in den Dienst der Gemeinde stellen, könnte vieles nicht stattfinden, würde vielen Menschen nicht geholfen. Solch ein Einsatz ist für Paulus ein vernünftiger Gottesdienst.

Zum zweiten erwähnt Paulus, dass unser Leib ein heiliges Opfer ist. Eigentlich ist Gott allein heilig. Er allein ist vollkommen, er steht über allem und allen, er allein verdient uneingeschränkte Ehre und Anerkennung. Der Mensch ist nur heilig, weil Gott ihn zu seinem Ebenbild, zu seinem Gegenüber geschaffen hat und ihm viele Begabungen und Fähigkeiten geschenkt hat. Das sollen wir an uns selber erkennen und achten. Gott hat den Menschen wunderbar gemacht. „Ich danke dir dafür, dass ich wunderbar gemacht bin; wunderbar sind deine Werke; das erkennt meine Seele.“ ( Ps.139,14) Jedes Geschöpf Gottes trägt etwas von Gott in sich und ist deshalb heilig und soll geachtet werden. Das bedeutet auch, dass wir sorgsam und verantwortungsvoll mit unserem Körper und unserem Leben umgehen sollen.

Und drittens: Wir sollen mit unserem Leib tun, was Gott gefällt. Aber Gottes Willen zu erkennen, ist nicht immer einfach, denn er stimmt oft nicht mit dem überein, was wir Menschen in dieser Welt erstreben und tun. Ein Beispiel, wo meiner Ansicht nach göttlicher und menschlicher Wille auseinander fallen, ist die Maßlosigkeit des Menschen. Gott setzt uns Grenzen, die wir nur schwer akzeptieren können: Grenzen durch den Tod, Grenzen durch seine Gebote. Gott leitet uns zur Nächstenliebe, ja zur Feindesliebe. Das ist den meisten Menschen dieser Welt ein fremder, ferner Gedanke. Und so stehen wir als Christen der Welt immer auch kritisch gegenüber. Wir sollen genau hinsehen und hinhören und uns

nach Gottes Willen richten, darum bemüht sein, dass Gottes Wille in dieser Welt geschieht. Auch das ist ein vernünftiger Gottesdienst.

Und nun wünsche ich Ihnen, dass Sie auch zu Hause einen vernünftigen Gottesdienst feiern mit Singen und Beten oder in der Stille im Hören auf Gottes Wort, das Sie zu einem weiteren vernünftigen Gottesdienst bewegen mag, nämlich Ihren Leib, Ihre Fähigkeiten und Begabungen auch im Alltag in Gottes Dienst zu stellen.

Amen

EG 440

  1. All Morgen ist ganz frisch und neu des Herren Gnad und große Treu;

Sie hat kein End den langen Tag, drauf jeder sich verlassen mag.

2. O Gott, du schöner Morgenstern ,gib uns, was wir von dir begehrn:

Zünd deine Lichter in uns an, lass uns an Gnad kein Mangel han.

3. Treib aus, o Licht, all Finsternis, behüt uns, Herr, vor Ärgernis,

vor Blindheit und vor aller Schand und reich uns Tag und Nacht dein Hand,

4. Zu wandeln als am lichten Tag, damit, was immer sich zutrag,

wir stehn im Glauben bis ans End und bleiben von die ungetrennt.

Mitteilungen: Solange der Lockdown besteht, finden keine Gottesdienste, Andach-ten und andere Veranstaltungen in der Kirche statt.

Katechumenenunterricht findet donnerstags um 17.15 Uhr auf Skype statt.

Konfirmandenunterricht findet Sa., den 16. Jan. von 9-10.30 Uhr auf Skype statt.

Kollekte: Wer eine Kollekte geben möchte, kann sie in einen Umschlag legen und in den Briefkasten am Gemeindebüro werfen. Die Kollekte ist bestimmt für das Diakonissenmutterhaus in Wetzlar.

Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Sonntag, 

Ihre Pfarrerin Ellen Wehrenbrecht