Auszeitandach 14. Januar

Liebe Auszeit-Menschen!

Beim ersten Lesen der Jahreslosung für dieses neue Jahr regt sich in mir Widerstand…

Sie klingt so nach Appell – und das mag ich gar nicht, wenn mir andere sagen, was ich machen soll. Sei doch nicht so unzufrieden, sei geduldiger, sei mal entspannt – garantiert passiert genau das Gegenteil davon.

Dann springt mir sofort der Vater ins Auge und ich frage mich, wie viele Menschen unter unbarmherzigen Vätern gelitten haben. Daran denken diese doch dann sofort und nicht an einen barmherzigen Vater im Himmel. Warum steht da nicht einfach Gott – der ist doch gemeint?

Das Wort Barmherzigkeit liebe ich allerdings. Es ist ein altes Wort und mein Handy kennt es nicht. Es korrigiert sofort in Warmherzigkeit – und das stimmt ja auch irgendwie. Barmherzigkeit – da geht mir etwas zu Herzen. Da berührt mich etwas oder jemand. Da bleibe ich nicht unbeteiligt. Das spüre ich am eigenen Leib. Und dieses Spüren, dieses Mitfühlen, führt zum Tun. Es ist kein Handeln, das mir jemand befohlen hätte, sondern eines, das einfach sein muss, weil mir mein Gegenüber am Herzen liegt. Um diesen Menschen und sein Wohlergehen geht es – nicht um meine Großherzigkeit. Sie kann sogar unbarmherzig sein, wenn sie das Prinzip über den Menschen stellt.

Heutzutage erleben wir viel Unbarmherzigkeit. Menschen sind schroff und ablehnend. Wir manchmal auch. Menschen vergleichen sich und haben den Eindruck, sie kommen immer zu kurz. Wir manchmal auch. Menschen beschimpfen und bekriegen einander. Wir manchmal auch.

Und Gott geht das ans Herz. Er leidet daran, wie wir uns einander das Leben schwer machen. Er leidet mit den Opfern und an den Tätern. Er leidet mit uns und an uns.

Und hält trotzdem an uns fest. Lässt sich nicht abbringen von seiner Liebe. Erbarmt sich über uns. Jeden Tag, jede Minute neu. Liebt und liebt und liebt und hört nicht auf.

Bei dem Bild auf der Vorderseite „tropft“ diese Liebe, dieses Erbarmen von oben in die Schalen. Vom Kreuz in unser Leben.

Und wenn eine Schale voll ist, läuft sie automatisch über und schenkt anderen etwas von dieser Liebe, diesem Erbarmen.

Barmherzigkeit ist in erster Linie ein Geschenk an mich – an Sie.

Gott fängt mit Ihnen, mit mir, immer wieder neu an. Er hält fest an seinen Menschenkindern. Er füllt uns mit dem, was wir zum Leben brauchen und dann an andere weitergeben können. Nicht, weil wir sollen, sondern weil es einfach überfließt.

„Seid“ bedeutet nicht „macht mal endlich“, sondern „werdet“! „Werdet barmherzig“ – da kann ich voll zustimmen. Das ist meine Sehnsucht – für unsere Familien, für unsere Gemeinde, für die Gesellschaft – ja, für die Welt – und für mich selbst.

Wie wäre es mit einem Jahr der Barmherzigkeit – mit einem warmen, weichen und weiten Herzen leben und handeln? Das würde uns so gut tun!

                                                                       Inge Lehrbach-Bähr

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Mein Segen der Barmherzigkeit für 2021:

Gottes Barmherzigkeit berühre Dich warm und liebevoll.

Du bist Gottes Kind! Gott sehe Dich liebevoll an. Ermutige Dich, Fehler und Irrwege anzusehen. Vergebe Dir. Schenke Dir neue Wege zu Frieden und Versöhnung. Dein Herz sei weich und barmherzig.

Dass Du im Menschen neben Dir Gottes geliebtes Kind siehst, mit Sehnsüchten und Träumen, mit Not und Angst.

Dass Du losgehst und hilfst. Und mit Deiner kleinen Kraft unsere Welt liebevoller, menschlicher, barmherziger machst.

Gott segne Dich mit allem Guten.

Und mit der Liebe der Menschen, die Gott Dir anvertraut!

Hiltrud Warntjen