„Viele sagen: Wer wird uns Gutes sehen lassen?
Herr, lass leuchten über uns das Licht deines Antlitzes!“
Psalm 4,7
Liebe Auszeit-Menschen!
Das neue Jahr ist schon fast 4 Wochen alt – doch in aller Hoffnung auf einen Neuanfang steckt uns das alte Jahr doch noch gehörig in den Knochen.
Wir sind müde und ausgelaugt. Es wird nicht alles neu und alles gut. Nicht einfach so und ohne Anstrengung, vielleicht auch gar nicht. Und ist Zuversicht nicht einfach nur naiv?
„Wer wird uns Gutes sehen lassen?“ Ich höre die Frage aus dem Monatsspruch für Januar als rhetorische Frage: Da schwingt Enttäuschung mit über andere, über mich selbst, über das Leben, über Gott. „Was soll noch Gutes kommen?“ Und dieser Frust, dieser Pessimismus sind leider sehr ansteckend – vielleicht noch mehr als das Virus selbst?!
Doch der Beter unternimmt eine „Immunabwehr“ – er wendet sich an den, der Zukunft und Hoffnung geben kann: an Gott selbst. Er bittet, er fleht ihn an: „ Lass leuchten über uns das Licht deines Antlitzes!“ „Ach, Herr, das Leuchten deines Angesichts fehlt uns sehr!“, heißt es in einer anderen Übersetzung. Gottes Licht fehlt – Gott selbst fehlt. Seine Nähe, seine Wärme.
Wie gut, wenn man merkt, dass was fehlt! Wie gut, wenn man benennen kann, was fehlt! Denn im Aussprechen dieser Sehnsucht wendet sich die Beterin dem zu, der ihr fehlt. Sie richtet ihr Herz und ihren Sinn auf Gott aus. Mit unserer ganzen Enttäuschung, mit unserer Angst dürfen wir uns in Gottes Licht stellen.
Vielleicht sogar ganz praktisch: Ich hebe meinen Blick und halte mein Gesicht in die Sonne, schließe die Augen. Ausatmen. Loslassen. Mich Gott hinhalten. Die Wärme auf meinem Gesicht wahrnehmen. Einatmen: „Gott…“ Ausatmen: „… du bist da“. Zunehmend wird mein Geist heller, die Seele klart auf, Zuversicht erwacht. Ich stelle mir vor, wie er mich ansieht – wohlwollend, liebevoll, gütig. Das tut mir gut. Der Rücken erstarkt und mit ihm die Hoffnung. Meine Augen beginnen zu leuchten. Ich bin gespannt, was kommt – nicht mehr (nur) ängstlich.
Ich gebe zu, diese Übung gelingt im Frühling oder Sommer besser – trotzdem lohnt sie sich auch in der Vorstellung.
Und für die trüben Tage hilft mir ein Lied, das Sie vielleicht auch kennen:
„Gottes Liebe ist wie die Sonne. Sie ist immer und überall da. Hinter schweren Wolken scheint sie strahlend hell.“
Manchmal hängen über unserem Leben die Wolken tief. Ihre Schwere will übergreifen und manchmal schafft sie es auch. Dann ist die Stimmung gedrückt und unser Gang auch.
Vielleicht können Sie heute oder in den nächsten Tagen mal rausgehen und Ausschau nach der Sonne halten – die Sonne, die hinter den Wolken doch da ist und silberne Ränder um sie zeichnet. Und ab und zu blitzt sie durch, auch an düsteren Tagen.
Und so wie wir Ausschau halten können nach der Sonne, können wir Ausschau halten nach dem Guten und nach Gott.
Einmal am Tag innehalten, den Blick schweifen lassen: Wo ist mir Gutes begegnet? Einmal am Tag mich fragen: Wo könnte Gott sich entdecken lassen, nah neben mir?
Inge Lehrbach-Bähr
27. Januar: Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus
Erinnere mich und lass mich erinnern
Gott, in deiner Erinnerung sind alle aufgehoben.
Lass mich nicht vergessen.
Hilf mir, zu erinnern.
Die Ermordung. Die Schrecken.
Die Erniedrigung. Die Wunden.
Dass die Menschenwürde immer wieder in Gefahr ist.
Dass die Mehrheit nicht immer recht hat.
Und wozu wir fähig sind.
Dass zu jeder Zahl ein Gesicht gehört.
Eine Geschichte. Ein Geburtstag.
Eine Familie, die auseinandergerissen wurde.
Lass mich nicht vergessen.
Hilf mir, zu erinnern.
Christina Brudereck
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