Dir zuliebe?
Die Liebe ist langmütig und freundlich, die Liebe eifert nicht, die Liebe treibt nicht Mutwillen, sie bläht sich nicht auf, sie verhält sich nicht ungehörig, sie sucht nicht das Ihre, sie lässt sich nicht erbittern,
sie rechnet das Böse nicht zu, sie freut sich nicht über die Ungerechtigkeit, sie freut sich aber an der Wahrheit; sie erträgt alles, sie glaubt alles,
sie hofft alles, sie duldet alles. (1. Kor 13,4-7)
In einem Lied der Wise Guys heißt es: „Ich hab nur für dich mit dem Joggen angefangen. Ich lief nur für dich stundenlang durch diesen Park. Ich aß nur für dich fettreduzierten Früchtequark…“
Was man nicht alles aus Liebe tut! Vor allem zu Beginn einer Liebesbeziehung. Was da alles möglich ist, welche Kräfte und welche Kreativität da in uns freigesetzt werden, ist schon erstaunlich. Mein Mann ist damals „mal eben“ 500 km gefahren, um mich zum Geburtstag zu überraschen, hat mir zuckerfreie Marmelade gekocht und so viele Lose am Kirmesstand gekauft bis der Hauptgewinn dabei war.
Mir zuliebe hat er das getan – und sich zuliebe, denn er wollte ja damit was erreichen (und das hat er ja auch). Das ist weder anrüchig noch verboten, sondern menschlich. Es liegt in unserem Wesen, unsere Handlungen zu kalkulieren (oft auch unbewusst) und nach ihrem Nutzen für uns zu fragen. Wir rechnen gerne auf und anderen vor. Innerlich führen wir eine genaue Soll-und-Haben-Liste. Und oft haben wir das Gefühl, mehr gegeben als bekommen zu haben. Das „Dir zuliebe“ bekommt dann eine säuerliche Note und klingt nach Vorwurf.
Ich habe mich gefragt, ob ich echte, selbstlose Liebe kenne. Wenn überhaupt, sind Mütter da nahe dran. Über viele Monate verzichten sie in der Schwangerschaft und Stillzeit auf Alkohol und belastende Nahrungsmittel, auf Verhaltensweisen oder Unternehmungen, die dem heranwachsenden Menschenkind schaden könnten. Sie verzichten auf Schlaf, Freiheiten und Selbstbestimmtheit, um da zu sein, um zu trösten, um zu spielen, um zu versorgen, um Geborgenheitsraum zu sein. Sie schaffen ihrem Kind eine Basis für das Leben: Wer so geliebt wird, hat es später leichter, selbst zu lieben.
Führen Mütter auch Soll-und-Haben-Listen? Manche erwarten von ihren erwachsenen Kindern, dass sie ihnen die Liebe und Fürsorge zurückgeben. Das geht nicht immer auf, aber der Wunsch danach ist menschlich.
Innere Rechenlisten sind Blockaden im Miteinander. Wir wiegen Haltungen und Handlungen gegeneinander auf. Machen uns gegenseitig Vorwürfe. Haben immer das Gefühl, zu kurz zu kommen. Wir begegnen uns nicht wirklich – unseren eigenen Bedürfnissen, Träumen und Wünschen und denen der anderen.
In der Fastenzeit begegnen wir Jesu Leben und Leiden. Und darin seiner Liebe: Jesus ist langmütig und freundlich. Jesus eifert nicht. Jesus bläht sich nicht auf. Jesus sucht nicht das Seine. Jesus lässt sich nicht erbittern. Jesus rechnet das Böse nicht zu…
Unsere Blockaden können aufbrechen, weil Gott keine Soll-und-Haben-Liste führt. Neue Spielräume in unserem Leben entstehen da, wo Jesu Liebe uns zufließt und durch uns durchfließt. Wie das geht? Jeden Tag beten: Danke Gott, dass du mich liebst. Liebe meinen Mitmenschen für mich und durch mich. Amen
Vielleicht werden wir heute langmütiger und freundlicher sein, als wir es selbst für möglich hielten.
Inge Lehrbach-Bähr
Glücklich, wer dein Herz findet
Ich will singen von dem, was er für mich getan hat.
Ich bin glücklich, dass Gott sich kümmert um mich armen Menschen.
Ich will, dass die Verlassenen es hören und sich mit mir freuen.
Wer sich ihm zuwendet, wird sein Licht spiegeln,
sein Gesicht wird hell sein vor Freude.
Ich schrie zu Gott, und Gott hörte mich und half mir aus meiner Not.
Glücklich, wer Gottes Herz findet.
Glücklich, wer sich zu ihm flüchtet.
Denn er ist nahe denen, die an sich selbst verzweifeln.
Er hilft denen, die an ihrer Schuld tragen
wie ein Lasttier, dessen Lasten zu schwer sind.
Ihm vertrauen wir uns an mit all unserer Schuld,
und er gibt uns den neuen Anfang
und einen weiten Raum.
(Psalm 34 nach Jörg Zink)