Auszeit-Andacht am 25. Mai 2021

Ich schenke euch ein neues Herz und lege einen neuen Geist in euch. (Hesekiel 36,26a)

Liebe Auszeit-Menschen!

Faszinierend und erschreckend gleichzeitig sind für mich diese Worte. Neues fasziniert mich und erschreckt mich. Oft bleibe ich doch lieber bei dem Alten, dem Gewohnten, dem Bekannten. Und gleichzeitig sehne ich mich nach Veränderung, nach Erneuerung, nach Unerwartetem.

Der Prophet Hesekiel wird zum Volk Israel gesandt, das sich in einer Sackgasse befindet. Israel bemüht sich um Umkehr und Hinwendung zu Gott. Die Leute strengen sich an. Sie wollen alles richtig machen; es Gott recht machen; ihn gnädig stimmen. Doch Hesekiel macht deutlich, dass es nicht nur um Umkehr geht, sondern um eine tiefe Verwandlung, die nur Gott schenken kann.

Biblisch gesehen ist das Herz mehr als das körperliche Organ, das bestimmte lebenswichtige Funktionen erfüllt. Das Herz ist der Ort, an dem sich das menschliche Wesen konzentriert und bestimmt wird. Es ist der Ort des Sinnens und Bedenkens, der Wahrnehmung der eigenen Gefühle und des Mitfühlens mit anderen. Es ist der Ort, an dem Entscheidungen gefällt werden und an dem der Charakter geformt wird.

Und es gibt Situationen, auch bei uns, da gelingt eine Umkehr, eine Veränderung nicht. Da braucht es eine Initiative von außen. Da braucht es das Geschenk der Erneuerung – und es braucht seine Annahme.

Denn das ist das zweite, was faszinierend und erschreckend sein kann: etwas geschenkt zu bekommen. Einerseits ist es schön, Geschenke zu bekommen. Andererseits „gibt’s im Leben doch nichts geschenkt“ – es braucht Mühe und Arbeit und zumindest eine Gegenleistung. Manchmal ist es mir auch peinlich, ein Geschenk anzunehmen.

Und dann noch der neue Geist – faszinierend und erschreckend zugleich. Was kann der nicht alles durcheinanderbringen: meine festen Vorstellung-en, meine Meinungen von der Welt und meinen Mitmencshen, meine gelernten Glaubenssätze, mein Bild von mir…

Pfingsten war für die Jünger und Jüngerinnen damals sicher auch faszinierend und erschreckend gleichzeitig. Sie hatten nicht in der Hand, was mit ihnen passierte. Sie konnten es nicht kontrollieren. Und doch war es befreiend, ansteckend, erfrischend anders.

Ein neues Herz mit einem neuen Geist – ein Herz mit dem Geist Gottes drin.

Ein Herz, in dem Gott selbst wohnt. Ein Mensch, der sich von ihm bestimmen lässt. Ein Wesen, durch das Gott aufleuchtet. Ein Leben, das zu seiner Bestimmung kommt.

In meinem Kalender klemmt ein Lesezeichen mit einem Satz des Geigenbauers Martin Schleske: „Die wesentlichen Dinge kannst du nicht machen, sondern nur empfangen. Aber du kannst dich empfänglich machen.“

Pfingsten können wir nicht machen. Der Geist „weht, wo er will“. Doch ich will ihn suchen, ihn einladen, mich empfänglich machen – und dann sehen, was passiert…

Herzliche Pfingstgrüße!

                                                                                   Inge Lehrbach-Bähr

Mein Herr und mein Gott,

nimm alles von mir,

was mich hindert zu dir.

Mein Herr und mein Gott,

gib alles mir,

was mich fördert zu dir.

Mein Herr und mein Gott,

nimm mich mir

und gib mich ganz zu eigen dir.

Amen

Nikolaus von Flüe (1417-1487)