Liebe Auszeit-Menschen!
Nun sind die Osterfeiertage vorüber. Ich habe mit vielen Menschen aus der Gemeinde und aus meiner Familie telefoniert. Für viele, auch für mich selbst, hatte das Fest dieses Mal etwas Bedrückendes, Schweres. Viele mussten und haben auf Besuche verzichtet, aber viele haben ihre Lieben trotzdem gesehen. Man versuchte, Abstand zu halten, aber nicht immer gelang das. Da kamen die Kinder und Enkel, die man lange nicht gesehen hatte.
Mir kam dazu eine Geschichte aus dem Neuen Testament in den Sinn. Die Geschichte, in der von der Versuchung Jesu erzählt wird in Matthäus 4, 5-7:
Dann nahm ihn der Teufel mit sich in die Heilige Stadt. Er stellte ihn auf den höchsten Punkt des Tempels und sagte zu ihm:
„Wenn du Gottes Sohn bist, spring hinunter! Denn in der Heiligen Schrift steht: ‚Er wird seine Engel zu dir schicken. Sie werden dich auf Händen tragen, damit du deinen Fuß nicht an einen Stein stößt.‘“
Jesus antwortete ihm:
„Es steht auch in der Heiligen Schrift: ‚Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht versuchen!‘“
Die Versuchung besteht für Jesus darin, davon auszugehen, dass er unverwundbar ist, dass ihm, weil er Gottes Sohn ist, schon nichts geschehen wird. Die Versuchung besteht darin zu
denken, Gott wird ihn aus allen Gefahren herausretten und in allen Gefahren, in die er sich begibt, bewahren. Jesus widersteht dieser Versuchung. Er erkennt, dass er mit solch einem Verhalten Gott auf die Probe stellen und herausfordern würde.
Das sollen wir Menschen nicht tun, auch nicht als Gottes geliebte Kinder. Jesus selbst tut es nicht als Gottes geliebter Sohn. Wir sollen unsere Verwundbarkeit und Grenzen anerkennen.
Das fällt uns schwer – den Jüngeren, weil sie ihre eigene Stärke fühlen und ihre Grenzen austesten und überschreiten wollen. Und die Älteren finden sich in einer Zwickmühle wieder, hin- und hergerissen zwischen Vernunft und Gefühlen, Ängsten und Verdrängung der Angst. Man kann doch den Kindern und Enkeln nicht einfach verbieten zu kommen. Ist das nicht lieblos? Nein. In dieser Zeit zeigt sich die Liebe darin, dass wir voneinander Abstand halten. Wir sind nicht unverwundbar. Auf einmal kann der unsichtbare Feind ganz nah sein.
Wir würden Gott versuchen, wenn wir davon ausgehen, dass er uns bewahrt, wenn wir uns in Gefahr begeben. Wir wollen für uns selbst und andere Verantwortung übernehmen. Wir beten täglich: „Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen.“
Ihre Pfarrerin Ellen Wehrenbrecht
Wir können miteinander singen und beten:
Meine Zeit steht in deinen Händen.
Nun kann ich ruhig sein, ruhig sein in dir.
Du gibst Geborgenheit, du kannst alles wenden.
Gib mir ein festes Herz, mach es fest in dir.
Sorgen quälen und werden mir zu groß.
Mutlos frag ich: Was wird morgen sein?
Doch du liebst mich, du lässt mich nicht los.
Vater, du wirst bei mir sein.